22.08.23
Danke, Max.
März 2015
"Ich weiß nicht ob ich das schaffe", höre ich mich sagen. Max Fiedler sitzt neben mir auf einer hölzernen Bierbank im Hinterhof der Ackerstraße 191. Wir lehnen an der Backsteinwand des charmanten Hinterhofstudios von Mexer, Stephan Lomp und den Räumlichkeiten der Agentur Zweizueins. Vor uns liegt das bunte Treiben der Druckbar. Die Sonne scheint. "Meinst du ich pack' das?" Was ich meine ist mein Sprung in die Selbstständigkeit. Ich weiß nicht ob es klappt. Aktuell weiß ich nur: Bald bin ich arbeitslos.
Meinen Festanstellung als Art Director gibt es in wenigen Wochen nicht mehr. Besser gesagt: Die Streetwear Company, bei der ich jahrelang gearbeitet habe wird es bald nicht mehr geben. Noch ca. einen Monat, dann ist mein aktueller Job passé. Was jetzt? Abgrund? Chaos? Oder doch ein Sprung in's kalte Wasser? Länger schon habe ich den Gedanken verfolgt mich in die Selbstständigkeit zu wagen. Warum nicht grade jetzt? Ist DAS nicht vielleicht der kleine Schubs, den ich gebraucht habe? Nach reiflichen Überlegungen wird die Entscheidung gefällt: Ja! Ich werde selbstständiger Illustrator. Los geht's! Let's go! Hurra! Erst setzt die Euphorie ein, dann folgt das große ABER. Unsicherheit. Zweifel. Ok, ich mache das! Aber schaffe ich das auch? Wie beginnt man denn? Was braucht man für den Eintstieg? Viele Fragen. Aber an wen kann ich mich wenden?
Schnell fällt mir Max Fiedler ein. Durch mein Kommunikationsdesign-Studium lerne ich ihn als Dozent kennen. Während meiner Zeit an der Hochschule Düsseldorf unterrichtet er Kurse in Animation und Gamedesign. Mitunter meine liebsten Stunden an der HSD. "Mit Illustration allein kann man kein Geld verdienen." Ein Satz, den wir während des Studiums leider immer wieder zu hören bekommen. Nicht von Max. Max ist der lebendigste Gegenbeweis, das es doch geht. Und wie! Meine Kommillitonen und ich sind begeistert. Ein echter Illustrator, der mitten im Leben steht und mit seinen tollen Arbeiten Geld verdient. Wir lieben seinen Kurs, lieben seine Arbeit und ja - auch Max lieben wir. Für seine sympathische, lustige Art. Sein offenes Ohr. Sein Talent. Seine Tipps. Max nimmt sich jede Menge Zeit. Findet in jeder noch so kleinen Idee einen spannenden Ansatz, den es sich lohnt weiterzuentwickeln. Die Kurse vergehen wie im Flug.
Schon damals ist Mexer als Illustrator aus Düsseldorf nicht wegzudenken. Entdeckt man seine Arbeiten auf offener Straße, bleibt man staunend stehen. Allgegenwärtig sind während des Studiums zum Beispiel seine Captain Flingern Plakaten, welche das nächste Event der Düsseldorfer Partyreihe bewerben. Auf dem Poster tummeln sich auf schwarzem Grund bunt illustrierte Comicfiguren. Eine wilde Partymeute aus Vögel-Charakteren. Habicht-Tänzer, die begeistert die Arme in die Luft recken. Drinks schlürfende Eulen. Platten drehende Spechte. Man möchte eintauchen in der bunt feiernden Menge. Kann die Beats förmlich hören. Sehnt sich der Party entgegen.
Damals wie heute ist Mexers Arbeit prägend für die Ackerstraße, für Flingern und auch für Düsseldorf. Egal ob es der "Buy local" Sticker ist, den man hier auf vielen Geschäften finden kann oder Schaufensterzeichnungen für das bunt gemischte Ladenlokal "Gute Unerhaltung". Auch an dem Aufsteller von "Minty Vinyl" auf der Lindenstraße kann man kaum vorbeigehen ohne das einem gleich ein Lächeln über den Mund huscht. Ein Minzblatt, zur Comic-Figur stilisiert. Verschmitzt hält sie eine Vinyl-Platte in den Händen. Scheint sich über die frisch erstandene Ware zu freuen. So sind die Figuren und Geschichten von Max oft frische, motivierende Blicke auf ein Miteinander. Vielfalt und Austausch wird hier zelebriert. So auch in seinen zahlreichen, wunderbar illustrierten Buchprojekten. "Antonia war schon mal da.", "Einer von Uns" oder "Herr Elefant und Frau Grau gehen in die große Stadt" muss man entweder besitzen oder verschenken. Am besten Beides. Aber das ist lang nicht alles was Herr Fiedler aus dem Ärmel schüttelt: Eine nette Zeichnung zum Geburtstag für einen guten Freund, eine kleine Logo Gestaltung, ein Patch-Design für eine Jeans. All das entsteht schier gleichzeitig und scheinbar mühelos. So sind natürlich auch seine Skizzenbücher ein wahrer Augenschmaus. Mit lockerem Strich hält er fest, was ihn umgibt. Nur Staunen kann man, erhascht man mal einen Blick in die akribisch gefüllten Bücher. Doch Max ist nicht nur in seiner Arbeit sondern auch in Düsseldorf tief verwurzelt. Läuft man mit ihm über die Ackertsraße, kennt er scheinbar jeden; jeder kennt Max. Kein Wunder, denn genau so symphatisch, positiv und zugewandt wie seine Arbeiten ist auch er.
Als ich im letzten Semster meines Studiums auf der Suche nach einem Zweitprüfer für meine Diplom-Arbeit bin, fällt die Wahl also nicht schwer. Max sagt zu, betreut mit Prof. Ulf Rungenhagen meine Abschlussarbeit. Natürlich: Die richtige Wahl. Max gibt mir neue Impulse. Spricht mir Mut zu, wenn er mal grade fehlt; räumt Zweifel aus.
Doch auch jetzt, bei meinem Sprung in die Selbstständigkeit, ist Mexer für mich da. Dabei hat er momentan mehr als genug um die Ohren – an allen Fronten.
Noch weiß ich nicht, das es tatsächlich klappen wird. Das er und ich hier wenige Monate später sogar gemeinsam arbeiten werden. Mit fünf weiteren Illustrator*innen unser gemeinsames Studio gründen - Studio Rabotti. Ausstellungen realisieren, sich über die Arbeit austauschen. Wieder gemeinsam im Hof in der Sonne sitzen. Nein, all das weiß ich nicht. All das ist noch weit, weit enfternt.
"Das schaffst du." sagt Max.
Danke, Max.
Foto: Josua Dunst
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