08.06.23
Jean Jullien
Wie man mit einem Strich die Welt verändert.
Ein Künstler. Ein Strich. Ein Gott. Naja - mit Sicherheit etwas übertrieben. Trotzdem fällt es mir aktuell schwer meiner Begeisterung für den Künstler Jean Jullien Einhalt zu gebieten.
Jean Jullien - ein französischer Illustrator und Künstler, der in Paris lebt und arbeitet. Gebürtig aus Nantes, zieht es den jungen Mann nach Quimper um zu studieren. Dort beginnt er er sein Design Studium um es im Anschluss in London am Central Saint Martins College und am Royal College of Art zu vertiefen. Doch beim Grafikdesign bleibt der Künstler nicht lange stehen. Viel mehr widmet er sich allem, was die kreative Welt zu bieten hat: Malerei, Illustration, Fotografie, Installationen, dem Gestalten von Postern und sogar von Kleidung. Mit Erfolg. Heute sind die Werke Julliens in Museen und Galerien auf der ganzen Welt zu finden. Paris, London, Brüssel, Los Angeles, New York, Berlin und Tokio - nur um einen kleinen Einblick in eine lange, lange Liste zu gewähren. Renomierte Namen wie die New York Times, New Yorker, The Guardian, oder Amnesty International findet man unter seinen Kunden.
Seit vergangenem Herbst ziert die dicke Monographie des Künstlers mein Bücherregal und erfreut mich jeden Tag aufs Neue: Auf dem Cover: Ein freundliches Comic-Gesicht auf orange / rotem Grund, was freundlich in den Raum starrt. Zwei weiße Kleckse mit schwarzen Punkten als Pupillen - die Augen. Ein langer, geschwungener Strich - die Nase. Ein kleinerer geschwungener Strich formt den lächelnden Mund. Der liebevoll umgesetzte Siebdruck auf der Vorderseite des Buchs mag einfach aussehen, verkörpert jedoch perfekt dessen Inhalt und das, was mich an Julliens Arbeit am meisten fasziniert: Wenig Aufwand. Maximaler Effekt. Für mich: Pure Magie.
Frisch wirken die Zeichnungen von Julien. Mutig. Und doch wie beiläufig bemerkt und schnell festgehalten. Oft sind seine Werke kluge Beobachtungen aus dem Alltag, verpackt in schnelle, kleine Arbeiten. Illustrationen über zwischenmenschliche Beziehungen. Über die Gesellschaft. Das tägliche Miteinander. Als 2015 Terroranschläge die französische Hauptstadt und die Welt erschüttern, zögert der Illustrator nicht lange. Innerhalb einer Minute zückt er sein Skizzenbuch und entwirft das "Peace for Paris" Zeichen. Mit einem gekonnt gesetzten zusätzlichen Strich verwandelt er das bekannte Peace Zeichen in den Eiffelturm.
Nicht immer sind seine Arbeiten jedoch von solch schweren Themen inspiriert. Ot wirken die Illustrationen lustig, leicht und flüchtig. Bei näherer Betrachtung offenbart sich manchmal aber doch ein ernster Kern; ein gesellschaftliches Problem zum Beispiel. All das wird liebevoll in Szene gesetzt und zusammengehalten durch den charmanten und schwungvollen Pinselstrich Juliens. Leicht zitternd bewegt sich dieser über seine Medien der Wahl und erschafft so seine ganz besonderen Figuren. Die dunklen Pinselstriche treffen auf leuchtende Farbflächen - eine fast schon hypnotische Kombination.
Immer wieder muss ich an den Satz einer guten Freundin denken: "Am schwersten ist es, wenn es leicht aussieht." Denn nach Schnelligkeit mögen die charmanten Zeichnungen zwar aussehen, unüberlegt ist hier wahrscheinlich aber rein gar nichts. Da wäre man als Kreativer gerne einmal "a fly on the wall" - wie man im Englischen sagt. Eine Fliege an der Wand. Unbemerkt über die Schulter Julliens schauen, ungesehen einmal "Mäuschen spielen" wenn am Tisch des Künstlers neue Arbeiten entstehen. Türmen sich die zerknüllten Entwürfe neben dem Papierkorb bevor der eine bleibt und die Öffentlichkeit zu sehen bekommen? Man weiß es nicht. Eines kann man hier wohl sicher vermuten: Den Spaß an der Vielfalt. Den Spaß an der Arbeit.
Die fantastische Monographie von Jean Jullien kann man z.B. hier kaufen.
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